Explosivstoffe haben eine verheerende, destruktive Wirkung, sind aber bei kontrolliertem Einsatz ein wichtiges Hilfsmittel, z. B. im Bergbau, im Bauwesen (Abbruch) oder im Verkehrsbau (Tunnel). Sie dienen als Treibsatz dazu den lebensrettenden Airbag bei einem Verkehrsunfall aufzublasen, tragen als Feuerwerk zur Unterhaltung bei und stehen in Verbindung mit dem Nobelpreis. Aber was sind Explosivstoffe und wie lassen sich die zerstörende Wirkung und die zugrunde liegenden Eigenschaften beschreiben?
Feste oder flüssige Stoffe, beziehungsweise Gemische, sind dann explosionsgefährlich, wenn sie durch eine, nicht außergewöhnliche, thermische, mechanische oder andere Beanspruchung zur Explosion gebracht werden können. Sicherheitstechnisch bedeutet dies, dass diese Stoffe und Stoffgemische jederzeit reaktionsfähig sprich explosionsfähig sind. Ob eine Explosion stattfindet, hängt vom Auslösepotential der Zündquelle ab.
Explosionsgefährliche Stoffe, die zur Herstellung von Explosivstoffen dienen, sind den Explosivstoffen gleichgestellt. Im Folgenden wird aus Gründen der Vereinfachung nur der Begriff Explosivstoff verwendet, obwohl prinzipiell auch explosionsgefährliche Stoffe oder pyrotechnische Gegenstände gemeint sind.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass viele Explosivstoffe in ihrer chemischen Struktur (Molekül) oder in den jeweiligen Mischungen brennbare und sauerstoffliefernde Bestandteile enthalten. Allerdings ist das Vorhandensein von Sauerstoff im Molekül nicht zwingend notwendig, damit ein Stoff explosionsgefährlich ist.
Explosivstoffe sind feste oder flüssige Stoffe sowie Stoffgemische, die bei einer ausreichenden Aktivierungsenergie eine bestimmte starke chemische Reaktion durchlaufen. Die Reaktionen haben durch die entstehende Wärmeenergie und Gasentwicklung eine expandierende Wirkung. Diese heftigen Reaktionen können erhebliche Zerstörungen anrichten und haben teilweise verheerende Wirkungen. Im Umgang mit Explosivstoffen besteht Lebensgefahr!
Formal werden Explosivstoffe hinsichtlich ihrer Verwendung in verschiedene Kategorien z. B. Sprengstoffe (TNT) oder Schießstoffe (Schwarzpulver) eingeteilt und lassen sich hinsichtlich ihrer chemischen Grundstruktur grob in zwei Gruppen unterteilen:
- Zum einen organische Sauerstoff-Stickstoff-Verbindungen, wie Nitrite, Nitrate, Nitro- oder Nitroso-Verbindungen, Azide oder auch Verbindungen mit Sauerstoff-Chlor-Gruppen (Chlorate, Perchlorate),
- zum anderen stark sauerstoffhaltige anorganische Salze (häufig Nitrate oder Chlorate) im Gemisch mit Brennstoffen (z. B. Kohlepulver).
Explosivstoffe sind Sprengstoffe, Treibstoffe, Zündstoffe und Gegenstände sowie pyrotechnische Gemische, die diese strukturellen Voraussetzungen haben. Explosivstoffe und pyrotechnische Gegenstände werden über das Sprengstoffgesetz (SprengG) definiert. Ob ein explosionsgefährlicher Stoff ein Explosivstoff oder ein pyrotechnischer Gegenstand ist, ergibt sich aus seiner Verwendung.
Pyrotechnische Gegenstände sind solche Gegenstände, die Vergnügungs- oder technischen Zwecken dienen und in denen explosionsgefährliche Stoffe oder Stoffgemische enthalten und dazu bestimmt sind, unter Ausnutzung der in diesen enthaltenen Energie, Licht-, Schall-, Rauch-, Nebel-, Heiz-, Druck- oder Bewegungswirkungen zu erzeugen.
Wie beschrieben entstehen bei einer Explosion in der Regel große Wärmemengen und sich schnell ausbreitende große Gasvolumina, die für die Explosionswirkung verantwortlich sind.
Die Art und Mengenanteile der bei Umsetzung von Explosivstoffen entstehenden gasförmigen Reaktionsprodukte, den sogenannten Explosionsschwaden, sind maßgeblich von der chemischen Zusammensetzung des Explosivstoffs und den Umsetzungsbedingungen abhängig. Die hauptsächlich entstehenden gasförmigen Reaktionsprodukte von Explosivstoffen sind Kohlendioxid, Stickstoff und Wasserdampf. In zumeist geringeren Mengenanteilen entstehen aber auch toxische und reizend wirkende Gase.
Weitere Kriterien für die Beurteilung von Explosivstoffen sind die Höhe der entstehenden Explosionswärme und die Detonationsgeschwindigkeit, zwei der wichtigsten Kenngrößen für Explosivstoffe. Generell wird die zertrümmernde Wirkung von Explosivstoffen als Brisanz bezeichnet.
Je nach Geschwindigkeit der Umsetzung von Explosivstoffen wird unterschieden zwischen:
- der Deflagration, einer chemischen Umsetzung mit Flammenbildung, die mit Unterschallgeschwindigkeit abläuft, ohne den Sauerstoff der Umgebung zu benötigen;
- und der Detonation, einer chemischen Umsetzung, die mit Überschallgeschwindigkeit unter Bildung einer Stoßwelle abläuft.
Die Umsetzung von Explosivstoffen ist mit folgenden Wirkungen verbunden:
- Luftstoßwirkung,
- Bodenstoß- und Kraterwirkung,
- Wirkung durch Spreng- und Wurfstücke,
- thermische Wirkung durch Flammen und Wärmestrahlung,
- Wirkung der Explosionsschwaden.
Wirkung der Explosivstoffe
Die Wirkungen der Explosivstoffe werden in folgende vier Gefahrgruppen eingeteilt:
Gefahrgruppe 1.1
Die Explosivstoffe dieser Gruppe können in der Masse explodieren. Die Umgebung ist durch Druckwirkung (Stoßwellen), durch Flammen und durch Spreng- und Wurfstücke gefährdet; bei starkmanteligen Gegenständen ist eine zusätzliche Gefährdung durch Sprengstücke vorhanden.
Gefahrgruppe 1.2
Die Explosivstoffe dieser Gruppe explodieren nicht in der Masse. Gegenstände explodieren bei einem Brand zunächst einzeln. Im Verlauf des Brands nimmt die Zahl der gleichzeitig explodierenden Gegenstände zu. Die Druckwirkung (Stoßwellen) der Explosionen ist auf die unmittelbare Umgebung beschränkt; an Bauwerken der Umgebung entstehen keine oder nur geringe Schäden. Die weitere Umgebung ist durch leichte Sprengstücke und durch Flugfeuer gefährdet. Fortgeschleuderte Gegenstände können beim Aufschlag explodieren und so Brände und Explosionen übertragen; bei starkmanteligen Gegenständen ist eine zusätzliche Gefährdung durch Sprengstücke vorhanden.
Gefahrgruppe 1.3
Die Explosivstoffe dieser Gruppe explodieren nicht in der Masse. Sie brennen sehr heftig und unter starker Wärmeentwicklung ab; der Brand breitet sich rasch aus. Die Umgebung ist hauptsächlich durch Flammen, Wärmestrahlung und Flugfeuer gefährdet. Gegenstände können vereinzelt explodieren, einzelne brennende Packstücke und Gegenstände können fortgeschleudert werden. Die Gefährdung der Umgebung durch Sprengstücke ist gering. Die Bauten in der Umgebung sind im Allgemeinen durch Druckwirkung (Stoßwellen) nicht gefährdet.
Gefahrgruppe 1.4
Die Explosivstoffe dieser Gruppe stellen keine bedeutsame Gefahr dar. Sie brennen ab, einzelne Gegenstände können auch explodieren. Die Auswirkungen sind weitgehend auf das Packstück beschränkt. Sprengstücke gefährlicher Größe und Flugweite entstehen nicht. Ein Brand ruft keine Explosion des gesamten Inhalts eines Packstücks hervor.