Physikalische Explosionen

Physikalische Explosionen können überall dort auftreten, wo kalte Flüssigkeiten auf wesentlich heißere Flüssigkeiten treffen. Wichtige Voraussetzung für eine physikalische Explosion ist, dass es zu einer Grobvermischung beider Flüssigkeiten kommt und die Temperatur der heißen Flüssigkeit über dem Siedepunkt der kalten Flüssigkeit liegt. Je höher die Temperatur des heißen Mediums (heiße Schmelzen, Frittier-Öl) über dem Siedepunkt der kalten Flüssigkeit (Kühlmittel, häufig Wasser) liegt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine physikalische Explosion stattfindet.

So können physikalische Explosionen im häuslichen Bereich dann auftreten wenn versucht wird, brennendes Öl in einer Bratpfanne oder Fritteuse mit kaltem Wasser zu löschen. Sehr oft sind hier schwere Verbrennungen mit bleibenden Schäden, Zerstörungen durch die Druckwelle und Brandschäden die Folgen der physikalischen Explosion.

Der Verlauf einer physikalischen Explosion lässt sich in mehrere Phasen einteilen und grafisch wie folgt darstellen:

Es bildet sich an der Grenzfläche zwischen dem heißen und kalten Medium ein Dampffilm, der eine schnelle Wärmeübertragung verhindert. Bricht nun dieser Dampffilm beispielweise aufgrund eines Druckimpulses (Triggerimpuls) zusammen, kommt es zu einer feinen Zerteilung (Feinfragmentation) der heißen Schmelze. Die feine Zerteilung bedingt eine große Oberfläche mit erhöhter Dampfbildung und Druckaufbau. Die dadurch entstehende Druckwelle löst fortwährend die Bedingungen für den raschen Wärmeübergang im noch nicht fragmentierten Schmelze-Kühlmittel-Gemisch aus und wird durch die ausgelöste Spontanverdampfung aufrechterhalten.

Heiße Schmelzen treten besonders häufig in der Stahlindustrie und in Hüttenwerken auf. Auch in Betrieben mit Ölbädern (Gastronomie), in der Glasindustrie, in der chemischen Industrie und während eines unfallbedingten Kontaktes von Kernschmelze und Kühlwasser in Leicht–Wasser–Kernreaktoren besteht die Gefahr einer physikalischen Explosion. Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl ist das wohl bekannteste Beispiel für eine physikalische Explosion, ausgelöst durch ein außer Kontrolle geratenes Experiment in dem Kernkraftwerk.

Wasser kann z. B. in heiße Schmelze gelangen, wenn:

  • witterungsbedingt Wasser auf dem Untergrund oder im jeweiligen Behälter (Schmelzofen, Kokille, Gießtische und so weiter) vorliegt,
  • Produktzugaben Wassereinschlüsse enthalten,
  • Leckagen im Kühlsystem auftreten.

Folgen einer physikalischen Explosion

Als Folge einer physikalischen Explosion werden heiße Flüssigkeiten (Schmelzen) aus Behältern geschleudert, die zu schweren (gegebenenfalls tödlichen) Verbrennungen der Beschäftigten führen können. 1994 ereignete sich ein Arbeitsunfall in einem deutschen Stahlwerk, als einem Mitarbeiter eine Getränkeflasche in einen Kessel mit flüssigem Zink (Temperatur ca. 450°C) fiel. Der Beschäftigte wurde vom herausspritzenden Zink tödlich verletzt.

Durch den hohen Druckaufbau können die Beschäftigten direkt von der Druckwelle oder bei Zerknall von Anlagenkomponenten durch Trümmerwurf gegebenenfalls tödlich verletzt werden. Der Druckaufbau und somit die Schwere der Auswirkungen sind insbesondere abhängig von der Masse an fragmentierender Schmelze.

Ein weiterer Nebenaspekt einer physikalischen Explosion ist, dass durch eine übergelagerte chemische Reaktion die Explosionswirkung durch die Ausbildung brennbarer Gase verstärkt wird. Bei dem Zusammentreffen von Wasser mit einer heißen Aluminiumschmelze findet durch die thermische Spaltung von Wasser die Bildung von Wasserstoffgas statt (2 Al + 3 H2O –> Al2O3 + 3 H2).

Wasserstoff bildet dann mit dem Luftsauerstoff eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre aus, die durch Feuer oder heiße Oberflächen gezündet werden kann.


Unterschiede zur chemischen Explosion

Abschließend sollen in der folgenden Tabelle die grundsätzlichen Unterschiede zwischen einer physikalischen und chemischen Explosion aufgezeigt werden.


Chemische ExplosionPhysikalische Explosion
Energieliefernder VorgangChemische ReaktionWärmeübergang von der Schmelze zum Kühlmittel
Auslösefähiges Stoffsystemz. B. Explosivstoff: Nitroglyzerin, TNT, KnallgasGrobverteiltes Gemisch aus heißen Schmelzpartikeln und Kühlmittel bei hoher Temperaturdifferenz (wichtige Voraussetzung hierzu: Filmsieden).
Auslösung des VorgangesEine starke exotherme Reaktion erzeugt eine Druckwelle.Durch den Triggerimpuls (Druckstoß) kommt es zum Filmzusammenbruch und zur Fragmentation. Durch die resultierende rasche Wärmeübertragung und spontane Verdampfung wird eine Druckwelle erzeugt.
Ausbreitung des DruckstoßesDie Initiierung der chemischen Reaktion im noch nicht reagierten Medium erfolgt entweder durch eine Stoßwelle (Detonation) oder durch kinetische und Transportvorgänge (Deflagration/ Explosion).Die Druckwelle löst fortwährend die Bedingungen für den raschen Wärmeübergang im noch nicht fragmentierten Schmelze-Kühlmittel-Gemisch aus und wird durch die ausgelöste Spontanverdampfung aufrechterhalten.

Grundsätzlich gilt: Der einfachste und wirksamste Schutz vor physikalischen Explosionen ist die Vermeidung des unkontrollierten Kontaktes von heißen und kalten Flüssigkeiten.

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